Mira und der Mondstaubjunge – (mit Ticket ins Traumland)

{Entwurf}

Eine Gute-Nacht-Abenteuer-Reise zum Vorlesen und Anhören

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Gar nicht so weit von hier hat er den Sternenwald entdeckt. Ein fast vergessener Ort zwischen ihm, dem Mond, und der Milchstraße. Winzig, wenn man das Universum betrachtet. Kein Mensch könnte es in einem Leben durchwandern. Wer würde sich auf die Sonne wagen? In den Sternenwald schon. Ein Ort, so weit und sehnsuchtsvoll wie der Nachthimmel. Oder das beinahe dunkle Bild, das man sieht, wenn man die Augen schließt. Die muss man nämlich ein bisschen zusammenkneifen. Träumen halt. Sonst findet man das Tor nicht. Beginnen kann die Reise überall. Zu Hause auf dem Sofa, im Bett oder auch im Auto. Ganz Mutige starten vom Gehsteig aus oder von der Schulbank weg. Das ist dann schon ein wenig gefährlich. Für den Ausblick danach lohnt es sich aber. Bäume glitzern in Grün und in Gold, ganz gleich, ob Frühling, Sommer, Herbst oder Winter. Hier geht die Zeit ohne Uhren.
Also schau Dich noch mal um. Erst links, jetzt rechts. Es geht in den Sternenwald! Der Weg dorthin ist ist nie derselbe. Manchmal hangelst Du Dich durch einen Dschungel. Schwingst Dich von Liane zu Liane, ein bisschen wie beim Klettergerüst auf dem Schulhof mit den Hängeringen.
Ab und zu springt man mutig in einen Fuchsbau, der tiefer und tiefer führt und am Schluss sieht man Licht. So ähnlich wie bei der Wasserrutsche im Freibad.
Neulich hab ich gesehen, wie der Weg durch ein riesiges Feld aus Zahnbürsten führte, die sich im Abendwind wogen. Wahrscheinlich weil sich jemand nicht die Zähne putzen wollte. Das macht hier aber nichts. Irgendwie findest Du immer einen Weg. Dein Ticket sind die Träume. So schaurig wie der von den Zahnbürsten oder so süß wie der von den Zuckerraketen, die zu den Schokosternen fliegen. Alles ist möglich.
Also los! Mira und der Mann im Mond warten schon. Mira ist oft hier, um ihren besten Freund zu besuchen. Sie weiß, wo sich Wege auftun und wo man sie besser nicht verlässt und – wo genau das Spaß macht.

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„Ich hoffe, Du hast Dir die Zähne geputzt. Sonst kriegen wir Turbulenzen, Wirbelstürme, schwarze Löcher und -“
„Das weiß ich doch“, unterbrach Mira den Mann im Mond. „Aber ich glaub, ich bin noch nicht wirklich bereit.“
„Wieso denn?“
„Weil wir heute so lange Auto gefahren sind. Zur Oma. Und jetzt bin ich ganz müde und doch wach.“
„Verstehe“, meinte der Mann im Mond. „Dann sollten wir etwas anders gehen.“
„Und wie?“, fragte Mira.
„Genau genommen, wollte ich auch fahren.“
„Nicht schon wieder Autofahren! Können wir nicht fliegen? So wie mit der Zuckerrakete.“
„Aber ich dachte, Du magst meine neueste Entdeckung ausprobieren. Es handelt sich nämlich um kein gewöhnliches Auto.“
„Sondern?“
„Darf ich vorführen – gegen schlechte Wetter und andere Launen: Der Eisstreupflug!“

Mira ging auf das kunterbunte Gefährt zu. Und einmal rundherum. Nach einer Weile stand sie wieder neben dem Mann im Mond und meinte:
„Es ist riesig, aber sieht eigentlich aus wie ein normales Winterfahrzeug.“
„Papalapap! Winterfahrzeug? Der Eisstreupflug fährt doch im Sommer.“
„Ein Eisstreufahrzeug im Sommer? Ist das nicht gefährlich?“
„Ach was. Nein, nein. Steig mal ein. Wir probieren das aus.“

Erst links und dann rechts schaute sich Mira mit großen Augen noch einmal um. Der Mann im Mond war schon hinter das Lenkrad gesprungen und wippte eifrig auf dem Fahrersitz. Er drehte den Kaugummistiel im Schloss und das ganze Gefährt wackelte und lärmte los. Mira hatte neben dem Mann im Mond Platz genommen.
„Aaanschnallen!“, rief der Mann im Mond gegen die knatternde Maschine an.
„Jaha, bin aaangeschnallt.“
Vor Miras Sitz waren 3 Halterungen angebracht, darunter eine Luke und neben ihr ein blubbernder Kasten.
„Wozu ist das denn alles?“, fragte sie ihn.
„Hier wird das Eis produziert. Streuen wir los!“

Da erhob sich der Eisstreupflug langsam vom Boden. Die Maschine lief nun ruhiger. Die gestrichelte Mittellinie auf der Straße wurde mit einer durchgezogenen Spur in Weiß verbunden. Mira wusste nicht, wohin sie zuerst schauen sollte.

„Wenn man die weiße Linie auf der Straße verbindet und immer weiter denkt, weißt Du wo man dann hinkommt, Mira?“
„Nach Hause?“
„Nein, nein, sie wird dann breiter und weiter in Deinem Kopf und schließlich zu einer ganz eigenen Straße“, erklärte ihr der Mann im Mond ganz aufgeregt.
„Aha. Und wo führt die Straße dann hin?“
„In den Sternenwald natürlich.“
„Du“, stipste Mira den Mann im Mond an, „ich glaube, wir verlieren da hinten was. Treibstoff oder so.“
„Nein, Eiskrem.“
„Eiskrem?“
„Ja, willst Du mal kosten? Hier im Tank ist, glaub ich, gerade Vanille.“
Zwischen dem Mann im Mond und Mira machte eine weitere Box auf. Hier gab es Waffeln.
„Nimm Dir ruhig.“
„Gerne. Danke. He, ich glaub, die ganze Eiskrem schmilzt da draußen schon.“
„Ja, wir sind ja auch bald bei der Milchstraße.“
„Oh, das war dann aber doch eine kurze Autofahrt“, freute sich Mira.

An meinem Hals hängt ein Boot

An meinem Hals hängt ein Boot und ich frage mich, wohin es fährt. Wer steuert hier eigentlich? Manchmal hätte ich gerne, es wäre ein Flugzeug oder es wäre einfach nicht da. Ich ginge dann weiter, vielleicht watend durch Wasser, aber doch bitte ohne Boot, dass ohne Richtung, ohne Kapitän die ganze Zeit trotzdem zieht und segelt und? Ist das der Wind, der lenkt oder irgendeine andere Sehnsucht?
Anlegen. Das tut es nicht. Es sollte doch aber anlegen und ausladen, einladen oder wenigstens Passagiere an Bord lassen … Aber nein, nur ein Boot an meinem Hals, das zieht und segelt. Niemals den Anker wirft, sondern immerfort fährt.
Gestern wurde ich das erste Mal darauf angesprochen. Es wunderte mich, denn bis dahin war es für andere unsichtbar und hing nur mir am Halse. Aber da wurde ich gefragt. Und wie schön es doch wäre, ja, so ein Boot hätte er auch gern und wohin es denn führe, ob ich es wisse. Ja, also nein … und gerade das fand er so schön. Sie haben Fernweh am Hals und man spürt es. Gefällt mir. Danke, mir jetzt auch, glaube ich.